Nach fast einem halben Jahrhundert als Eckpfeiler des queeren Nachtlebens in Berlin hat das SchwuZ seine endgültige Schließung zum 1. November angekündigt. Diese Nachricht ist für die LGBTQ+-Community in Deutschland ein sehr emotionaler Moment und spiegelt die zunehmende Krise der einst pulsierenden Clubszene der Stadt wider.
„Es fällt uns unglaublich schwer, diese Worte zu schreiben“, begann die Erklärung von SchwuZ, die diese Woche in den sozialen Medien veröffentlicht wurde. „Leider müssen wir bekannt geben, dass SchwuZ schließen muss.“
Die Nachricht bestätigte, was viele in der Berliner Nachtclubszene schon lange befürchtet hatten. Trotz monatelanger Gespräche mit potenziellen Investoren und umfangreicher Bemühungen, den Club zu retten, war keine Partei bereit oder in der Lage, den Betrieb zu übernehmen. „Wir haben alles versucht, aber letztendlich hat es nicht gereicht“, heißt es in der Erklärung.
Das Team hinter SchwuZ drückte sowohl seine Trauer als auch seine Dankbarkeit aus und lud die Community ein, die verbleibenden Wochen in vollen Zügen zu genießen. „Lasst uns noch einmal zusammenkommen – um zu tanzen, zu lachen, zu weinen, Erinnerungen zu teilen und alles zu feiern, was wir gemeinsam geschaffen haben.“
Die letzte Veranstaltung, die für den 1. November geplant ist, wird sowohl ein Abschied als auch eine Feier sein. „Ein Abschied, aber auch ein Dankeschön“, schrieben sie. „Danke an alle, die ihr Herz und eure Seele, eure Kreativität und Ausdauer eingebracht haben, um dieses Abenteuer namens SchwuZ seit 1977 möglich zu machen.“
Das 1977 gegründete SchwuZ – kurz für SchwulenZentrum – begann als politischer und kultureller Treffpunkt für die Schwulenbewegung in Berlin. Was als sicherer Ort für marginalisierte Stimmen begann, entwickelte sich schnell zu einem der berühmtesten Queer-Clubs Europas.
Im Laufe der Jahrzehnte bot das SchwuZ alles von Drag-Performances und Live-Konzerten bis hin zu Kunstinstallationen, Filmvorführungen und politischen Veranstaltungen. Der 1.600 Quadratmeter große Veranstaltungsort in Neukölln wurde zu einem Labyrinth aus Betonhallen und Tanzflächen, das jede Woche Tausende von Besuchern willkommen hieß.
Im Gegensatz zu vielen anderen Nachtlokalen, die sich an bestimmte Gruppen richteten, umfasste das SchwuZ das gesamte Spektrum der LGBTQ+-Community. Es wurde zu einem Treffpunkt für Schwule, Lesben, Trans- und nicht-binäre Menschen sowie deren Verbündete – und war schon lange bevor es in Mode kam für seine Inklusivität bekannt.
Für viele Berliner war das SchwuZ ein Zuhause. Es bot nicht nur freie Meinungsäußerung, sondern auch ein Gefühl der Zugehörigkeit, das Generationen von Queers in der Stadt geprägt hat.
Die Schließung folgt auf Monate finanzieller Unsicherheit. Der Club meldete Anfang des Jahres Insolvenz an und appellierte in einem letzten Versuch, zu überleben, an die Community um Unterstützung. Eine Crowdfunding-Kampagne brachte rund 52.000 Euro ein, aber das Ziel von 300.000 Euro – dasMinimum, das für die Fortführung des Betriebs erforderlich war – erwies sich als unerreichbar.
Das SchwuZ-Team hatte auch Verhandlungen mit potenziellen Investoren aufgenommen, in der Hoffnung, einen Partner zu finden, der den Club weiterführen könnte. Diese Gespräche scheiterten jedoch letztendlich. „Es gibt keine Person oder Gruppe von Personen, die bereit oder finanziell in der Lage ist, den SchwuZ in seiner derzeitigen Form weiterzuführen“, schrieb der Club.
Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des SchwuZ sind Teil einer umfassenderen Krise der einst pulsierenden Berliner Clubszene. Laut der Clubcommission der Stadt hat fast die Hälfte der Berliner Veranstaltungsorte aufgrund steigender Mieten, Energiekosten und veränderter Gewohnheiten im Nachtleben erwogen, im nächsten Jahr zu schließen.
Die Berliner Clubkultur, die lange Zeit als eine der innovativsten und offensten der Welt galt, steht unter beispiellosem Druck. Die Stadt, die zu einem globalen Symbol für Freiheit und künstlerischen Ausdruck geworden ist, verliert nun einige der Orte, die sie geprägt haben.
Für die queere Community ist der Verlust des SchwuZ mehr als nur die Schließung eines Nachtclubs. Er steht für das Verschwinden eines Ortes, der fast fünf Jahrzehnte lang Sicherheit, Kreativität und Verbundenheit bot.
In einer Stadt, die den Aufstieg und Fall unzähliger Clubs erlebt hat, stach das SchwuZ als eine Institution hervor, die Feierlaune und Aktivismus in Einklang brachte. Es war ein Ort, an dem Politik, Kunst und Sexualität aufeinander trafen – wo queere Kultur nicht nur toleriert, sondern gefeiert wurde.
Generationen von Künstlern, Performern und DJs fanden auf den Bühnen von SchwuZ ihre Stimme. Die Veranstaltungen verwischten oft die Grenze zwischen Nachtleben und Performancekunst, zwischen Protest und Party.
Diese Mischung aus Widerstand und Freude machte das SchwuZ einzigartig. Es ging nie nur um Musik oder Tanzen, sondern um Sichtbarkeit, Gemeinschaft und die gemeinsame Erfahrung, ganz man selbst sein zu dürfen.
Das Berliner Nachtleben war schon immer mehr als nur Unterhaltung. Seit Jahrzehnten ist es ein politisches Statement – eine lebendige Erinnerung an die Freiheit, die aus einer geteilten Stadt hervorgegangen ist. Aber diese Freiheit wird nun durch die wirtschaftliche Realität auf die Probe gestellt.
Steigende Immobilienpreise und strengere Vorschriften haben viele Veranstaltungsorte zur Schließung gezwungen. Energiekosten und Inflation haben die Lage weiter verschärft, während das jüngere Publikum zunehmend nach anderen sozialen Erfahrungen sucht.
Selbst legendäre Veranstaltungsorte wie Griessmühle, Watergate und Remise mussten in den letzten Jahren schließen oder umziehen. Zusammengenommen zeichnen diese Verluste ein besorgniserregendes Bild einer Stadt, die einen Teil ihres kulturellen Herzschlags verliert.
Die Ankündigung des SchwuZ erkennt diese Realität ehrlich und würdevoll an. „Wir haben alles versucht“, schrieben sie. „Aber am Ende hat es nicht gereicht.“
Bevor das SchwuZ endgültig seine Türen schließt, will es am 1 . Novembermit einer letzten Party sein Vermächtnis feiern – einEvent, das das Team als Abschied und Dankeschön beschreibt.
„Lasst uns tanzen, lachen, weinen und all die Erinnerungen teilen“, schrieben sie. „Um alles zu feiern, was wir gemeinsam geschaffen haben.“
Für diejenigen, die im Laufe der Jahre durch seine Türen gegangen sind, wird dieser Abend ein sehr emotionaler Moment sein. Er markiert nicht nur das Ende eines der einflussreichsten Queer-Clubs Europas, sondern ehrt auch die unzähligen Leben, Lieben und kreativen Funken, die dort ein Zuhause gefunden haben.
Auch wenn das SchwuZ bald seine Pforten schließen wird, wird sein Einfluss weit über seine Mauern hinaus nachwirken. Der Club inspirierte Generationen dazu, sich frei zu entfalten, und trug dazu bei, Berlins Ruf als Stadt zu prägen, in der Vielfalt und Kreativität gedeihen können.
In vielerlei Hinsicht verkörperte das SchwuZ die Essenz der queeren Resilienz – die Fähigkeit, auch in widrigen Umständen Schönheit und Verbundenheit zu schaffen. Seine Schließung erinnert daran, dass solche Orte für das kulturelle und emotionale Wohlbefinden unverzichtbar sind.
Während sich die queere Community Berlins auf den Abschied vorbereitet, bleibt die Botschaft des SchwuZ eine Botschaft der Liebe und Dankbarkeit. „Mit Dankbarkeit und schwerem Herzen sagen wir: Cheers Queers, Your SchwuZ.“
Fast fünfzig Jahre lang war es mehr als ein Nachtclub. Es war eine Familie.